Die weißen Perlen von Spanien

by Beate Espinoza-Mayr

Es ist allgemein bekannt, dass Spanien weltweit einer der größten Wein produzierenden Länder ist, es steht an dritter Stelle hinter Italien und Frankreich. Zieht man aber nur die Rebfläche in Betracht, steht Spanien sogar an der Spitze dieser Rangliste - 22,13 Prozent oder mehr als jeder fünfte Rebstock (für die Weinproduktion) steht in diesem Land.

 

Weiße Perlen

Erstklassige Rotweine haben in Spanien eine lange Tradition. Bei den Weißweinen hingegen war ein Umbruch erforderlich: Schluss mit altgebackenen Stilen, überholter Gärtechnik und belanglosen Massenweine. Der Fokus liegt heute klar auf fruchtbetonten, hochwertigen und dennoch authentisch spanischen Rebsorten. 

"Raus damit" - das galt und gilt noch immer für viele Hektar Rebfläche, die nicht mehr den Anforderungen der modernen Weinwelt genügen. Zahlreiche Hektar Weinberge, die nicht mehr dem Zeitgeist entsprechen, machen Platz für Neues - für frische Ideen, neue Sorte und visionäre Winzer. Und der Erfolg lässt sich schmecken: Mit jedem Jahrgang entdeckt man mehr herausragende spanische Weißweine, die im Charakter, Finesse und Herkunft überzeugen.

Noch immer sind auf fast der Hälfte aller spanischen Weinberge weiße Rebsorten zu finden - und tatsächlich handelt es sich dabei überwiegend um autochthone Rebsorten, also tief verwurzelt in der spanischen Weintradition. Doch bloße Zufriedenheit oder gar Stillstand ist keine Option für die junge, dynamische Winzergeneration des Landes.

Noch dominieren Sorten wie Airén, Pardina, Macabeo, Palomino und Cayetana das Bild - aber der Wandel ist in vollem Gange. Heute zählen nicht nur mehr Ertrag und Anpassungsfähigkeit. Gefragt sind Qualität, Terroir und Weine, die auch international glänzen. Spaniens Weißwein erlebt seinen Aufbruch - kraftvoll, selbstbewusst und mit ganz eigenem Stil.

Dafür verantwortlich sind Rebsorten wie Verdejo, Albariño, Godello, Merseguera, Garnacha Blanca, Xarel-lo uvm., die euch nachfolgend kurz vorstellen werde.

Verdejo - der Wein zum "Pippla": die Rebsorte bringt bei kleinen Erträgen und moderner Kellertechnik charaktervolle, duftige Weine mit exotischen Aromen wie Maracuja, Melone, Stachelbeere und Kräutern hervor, die an Sauvignon Blanc erinnern, doch kann Verdejo mineralischer ausfallen. Meine persönliche Empfehlung - ein Wein der Beinahe täglich zum Einsatz kommt (bitte nicht an meinen Internisten weitersagen 😊) ist der Quivira Verdejo: frisch, fruchtig, leicht - ein Wein zum "Pippla" für Vormittags, Nachmittags aber auch als Sundowner geeignet.

Albariño - der galizische Star unter Spaniens weißen Perlen: der Albariño wird oft mit dem Riesling verglichen, da sich beide Rebsorten in ihrer mineralischen Aromatik und Säurestruktur ähneln. Beide Sorte bringen Weine mit ausgezeichneter Säure und Fruchtaromatik hervor und haben die Fähigkeit, das Terroir, auf dem sie angebaut werden, widerzuspiegeln. Meine persönliche Empfehlung als Essensbegleiter: Terras Gauda aus der DO Rías Baixas. Albariño ist ein Klassiker zu Gerichten aus dem Meer - kein Wunder, stammt er doch aus einer Küstenregion. Aber die knackige Frische harmoniert auch sehr gut mit sommerlichen Salaten mit Zitrusdressing oder Fenchel, Ziegenkäse, Tapas mit Gemüse und er passt auch hervorragend zur asiatischen Küche. Also ein absoluter Allrounder!

Godello - die zukunftsträchtigste weiße Sorte Spaniens: diese ebenfalls galizische Sorte, die vor allem in Valdeorras, Monterrei und Bierzo angebaut wird, hat mit der Modernisierung der Weinbautechnik in diesen Gebieten viel Ansehen gewonnen und gehört zu den interessantesten weißen Rebsorten Spaniens. Typisch für ihre Weine sind die frische Golden Delicious-Note und die leicht bittere, zartsäuerliche Frucht der Wollmispel - sowie die für mitteleuropäische Verhältnisse - eher verhaltene Säure. Meine persönliche Empfehlung für den sommerlichen Aperitif: Alma de Blanco, DO Monterrei. Einfach ein paar Oliven servieren dazu ein herrliches Glas Alma de Blanco - aber Achtung - es wird nicht bei einem Glas bleiben, denn manchmal zeigt sich der Weg erst, wenn man anfängt ihn zu gehen 😊.

Besonders spannend finde ich - über diese Rebsorte werden wir in Zukunft noch viel hören - die Sorte Merseguera! Sie stammt ursprünglich aus der Region Valencia im Südosten Spaniens, wo sie auch heute noch eine große Rolle spielt. Die Merseguera ergibt meist leichte, frische Weißweine mit eher zurückhaltender Frucht und geringer Säure. Der Geschmack ist subtil, häufig beschrieben als neutral bis zart-fruchtig. Typisch sind Zitrusnoten Noten von grünen Äpfeln, kräutige Anklänge, manchmal auch mandelartige und mineralische Noten. Meine persönliche Empfehlung für ein feines Dinner zu zweit: Finca Calvestra aus der VP El Terrerazo.  Der Wein darf gerne auch dekantiert werden. Kein anderer Winzer wie Toni Sarrion versteht es die Rebsorte so perfekt und mit so viel Eleganz und dennoch Kraft im Glas widerzuspiegeln. 

Südlich der Pyrenäen, in den Weinbergen Kataloniens, wächst eine Rebsorte heran, welche die Sinne mit ihren cremigen Geschmack und ihrem fruchtigen Aroma verführt - die Garnacha Blanca. Wir finden vorwiegend Noten von grünem Apfel, Birne, Zitrusfrüchte, reifere Noten wie Melone und Pfirsich aber auch florale Noten von weißen Blüten und Kamille. Am Gaumen finden wir ausgeprägte Aromen von mediterranen Kräutern und feine Mineralik. Sortenreine Weine aus Garnacha Blanca sind selten und gelten als echte Raritäten. Und genau so eine Rarität ist meine persönliche Empfehlung für euch und zählt zu meinen absoluten Lieblingsweinen in unserem Sortiment, der Les Brugueres Blanc aus der DOCa Priorat. Und würden wir ihn nicht "heimlich" Trüffel-Wein nennen, denn er eignet sich u.a. auch hervorragend zu Trüffel Gerichten aller Art - so würde ich euch empfehlen diesen Wein nur für euch selbst zu öffnen 😊 aber da ich im öffnen der Weine besser bin wie im Kochen, ist dieser Wein auch ein Erlebnis für einen schönen Moment zu zweit 😊. 

Nicht zu unterschätzen ist die katalanische Sorte Xarel-lo (Caroixà). Die besonders in warmen Lagen Kataloniens gedeihende Sorte bringt körperreiche Weine hervor, die als trockene Weiße ebenso ihren Reiz haben können wie als Basis für die Cava Herstellung. Xarel-lo ist charaktervoller als viele andere weiße Rebsorten und bringt Weine mit ausgeprägtem Aromaprofil hervor. Typische Geschmacksnoten sind: grüner Apfel, Birne, Zitrusfrüchte, Pfirsich aber auch florale Noten wie weiße Blüten und mediterrane Kräuter. Am Gaumen zeigen sich die Weine mit einer gewissen salzigen Mineralität. Durch den Ausbau im Fass paaren sich Anklänge von Mandeln und  Honig dazu. Reinsortige Xarel-lo Weine sind oft komplex, frisch und manchmal sogar oxidativ ausgebaut - besonders bei Naturweinen oder biodynamischen Winzern. In den letzten Jahren gewinnt Xarel-lo als Stillwein an Popularität, gerade im hochwertigen Biosegment. Ein Paradebeispiel und meine Empfehlung für Liebhaber von Naturweinen ist der Venus Blanc aus der DO Montsant von Sara Perez und René Babier, DEN zwei Sternchen am spanischen Weinhimmel. 

Zweifellos ist das potential weißer Rebsorten aus Spanien mit den bisherigen "Wiederentdeckungen" noch lange nicht ausgeschöpft. Wer das Geschehen verfolgt, gewinnt vielmehr den Eindruck, dass Spaniens Önologen beim Weißwein erst am Anfang einer umfassenden Erkundung stehen. Für den Verbraucher - und ebenso für den Handel - bedeutet das: Jahr für Jahr gibt es neue spannende Entdeckungen aus dem Land der einheimischen Rebsorten zu feiern. 

Ich freue mich auf euren Besuch bei uns in der Bodega Rioja in Lustenau, um mit euch die eine oder andere weiße Perle von Spanien zu verkosten und zu feiern. 


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